Zur Historie von Benediktbeuern
Das Kloster Benediktbeuern entstand als frühkarolingische Gründung im 8. Jahrhundert. Seine ersten Anfänge sind in ein tiefes Dunkel gehüllt, eine Gründungsurkunde fehlt. Laut Chronisten aus dem 11. Jhd. soll das Kloster Benediktbeuern im Jahre 739 von den adeligen Brüdern Lantfrid, Waldram und Eliland errichtet worden sein. Bischof Bonifatius hat die Kirche wahrscheinlich im Jahr 740 dem hl. Benedikt geweiht. Benediktbeuern gilt somit als ältestes Kloster Oberbayerns.
In nördliche Richtung siedelten von Beginn an weltliche Untertanen des Klosters, die dessen Ländereien bearbeiteten. Die Entwicklung der Siedlung erfolgte in enger Abhängigkeit von der jeweiligen wirtschaftlichen und kulturellen Kraft des Klosters.
Noch vor dem Jahr 800 vermittelte Karl der Große die Armreliquie des Hl. Benedikt, worauf der Name des Klosters in „Benedictoburanum“ geändert wurde, was soviel heißt wie „Haus oder Kloster, das in besonderer Weise dem Hl. Benedikt geweiht ist“.
Schon zur Karolingerzeit verfügte das Kloster über eine bedeutende Schreibstube. Die erste große Blütezeit wurde durch die Überfälle der Ungarn 955 beendet. Das Kloster war zerstört und fast alle Mönche kamen ums Leben.
Mit Unterstützung des Hl. Ulrich von Augsburg erfolgte der Wiederaufbau. 1031 besiedelte Kaiser Konrad II. das Kloster mit Benediktinern aus Tegernsee. An ihrer Spitze stand der Reformabt Ellinger, der die Observanz der benediktinischen Regel wiedereinführte und die Klosterschule neu gründete.
Mehrere Familien aus dem Bereich der weltlichen Siedlung machten sich 1048 unter Führung von wegekundigen Mönchen auf den Weg über die Alpen, um einer Hungersnot zu entkommen. Sie siedelten sich auf den Hochflächen der Lessinischen Berge zwischen Rovereto und Verona an und wurden als „Cimbri“, also „Zimbern“ bezeichnet. Zimbrisch, das viele Verbindungen zur bayerischen Sprache vergangener Jahrhunderte aufweist, ist heute allerdings nur noch im kleinen Dorf Lusern lebendig.
1160 wird die weltliche Siedlung erstmals urkundlich mit dem Namen „Laingreb“, woraus sich „Laingruben“ entwickelte, erwähnt. Sie bestand aus 21 Gehöften. Es kamen die Klostervorwerke Häusern und Straßberg hinzu. Auch die Jachenau und das Walchenseegebiet wurden um diese Zeit vom Kloster aus besiedelt.
Unter Abt Walther (1138-1168) begann eine neue Blütezeit mit Goldschmiedekunst und Buchmalerei. 1250 umfasste die Klosterbibliothek etwa 250 Handschriften.
Ein Großbrand im Jahre 1248 verursachte schwere Schäden. Andere Klöster halfen beim Wiederaufbau. Abt Ortolf II. erhielt 1275 die Erhebung in den Reichsfürstenstand und zwei Jahre später vom Papst das Pontifikalrecht. Unter Ludwig dem Bayern wurde die Rechtsstellung des Klosters gemindert. Das Klostergericht konnte seine relative Selbständigkeit halten. 1490 fielen die zentralen Klostergebäude abermals einem Großbrand zum Opfer.
Mit dem Bau der Kesselbergstraße von 1492-1495 entwickelte sich ein reger Fracht- und Reiseverkehr, dessen Auswirkungen sowohl für das Kloster als auch für den Ort von Bedeutung waren.
Während des Dreißigjährigen Krieges überfielen 1632 schwedische Reiter das Kloster. Sie quälten Pater Simon Speer (siehe Gedenkkreuz Ecke Prälatenstr./Klosterfeldstr.) zu Tode.
Ab 1669 begann mit dem Umbau des Konventvierecks eine weitere bedeutende Bau- und Kulturepoche. Es entstand die barocke Klosteranlage, an der die bedeutendsten Künstler jener Zeit wie Caspar Feichtmayr, Johann Baptist Zimmermann, Johann Michael Fischer, Ignaz Günther und Johann Michael Feuchtmayer beteiligt waren. Von 1681-1686 wurde die neue Abteikirche und heutige Basilika im Hochbarock mit den herrlichen Deckenfresken von Georg Asam erbaut. Sein Sohn Cosmas Damian Asam, bedeutendster Freskenmaler Süddeutschlands, wurde 1686 in Benediktbeuern geboren und getauft. Es entstanden weitere repräsentative Gebäude, der landwirtschaftlich genutzte Maierhof und auch die separate Bibliothek im Konventgarten. 1751-1753 folgte mit der Anastasiakapelle ein Rokokojuwel.
Das Knabengymnasium mit anfangs musischem Schwerpunkt wurde neu eröffnet. Pater Karl Meichelbeck zeichnete sich als Historiker aus. Das Kloster war ein wichtiger Ort des geistigen Lebens und der Bildung.
1786 stattete Johann Wolfgang von Goethe Benediktbeuern einen Besuch ab. Während seiner dritten Italienreise kehrte er in der Raststation, dem heutigen Gasthof zur Post, ein und schrieb in sein Tagebuch: „Benediktbeuern liegt köstlich und überrascht bei seinem Anblick.“ Ein Fresko an der Westfassade des Gasthofes erinnert noch heute an dieses Ereignis.
Gegenüber der ehemaligen Taverne und Raststation findet man den bereits um 1500 urkundlich erwähnten „Clostercramer“ im italienischen Renaissancestil, der seit jener Zeit ununterbrochen einen Laden beherbergt.
Die Verwaltung des klösterlichen Hoheitsgebietes, das von Schönrain im Norden bis kurz vor Wallgau im Süden, von Sindelsdorf im Westen bis Stallau im Osten reichte, leitete ein weltlicher Klosterrichter mit juristischer Bildung im Namen des Abtes. Amtssitz war das Richterhaus, der heutige Pfarrhof am Dorfplatz.
1803 beendete die gewaltsame Säkularisation die Tätigkeit der Benediktiner. Das Klosterland wurde gänzlich aufgelöst. Die Gebäude blieben größtenteils erhalten. Die Pfarrkirche, die im Friedhof stand, wurde abgerissen und die ehemalige Klosterkirche zur neuen Pfarrkirche erklärt. Rund 40.000 Bände der Klosterbücherei, auch wertvolle Handschriften des 8. bis 14. Jahrhunderts, kamen in die bayerische Staatsbibiliothek. Bei dieser Gelegenheit entdeckte man die berühmte Carmina Burana, die größte Sammlung weltlicher und geistlicher Lieder des Mittelalters in Europa.
Joseph von Utzschneider erwarb die Klostergebäude und errichtete 1805 mit Georg von Reichenbach eine moderne optische Glasfabrikation. 1807-1819 arbeitete Joseph von Fraunhofer im optischen Institut. Er stellte Geräte zur Landvermessung, aber auch Fernrohre und Mikroskope her. Während seiner Zeit in Benediktbeuern erzeugte er eine bis dahin nicht bekannte Glasqualität und entdeckte dunkle Linien im Sonnenspektrum - die nach ihm benannten „Fraunhoferschen Linien“.
Ab 1819 befanden sich die ehemaligen Klostergebäude in Staatsbesitz und dienten u. a. als Kaserne, Fohlenhof, Invalidenheim, Genesungsheim und Gefängnis.
1865 änderte der Ort seinen Namen von Laingruben in Benediktbeuern.
1930 erwarben die Salesianer Don Boscos das Kloster und richteten eine philosophisch-theologische Hochschule für den eigenen Ordensnachwuchs ein. Während des Zweiten Weltkrieges waren dort eine Heeresverwaltungsschule und später ein Lazarett untergebracht. Nach dem Krieg entwickelten die Salesianer ihr Kloster zu einem Zentrum religiöser Bildung, Wissenschaft und Erziehung und wenden sich mit zahlreichen Einrichtungen im Sinne ihres Ordensgründers speziell an junge Menschen.
Papst Paul VI. erhob die ehemalige Abteikirche und jetzige Pfarrkirche 1973 zur päpstlichen Basilika minor.
Das Wappen
Das seit 1959 bestehende Ortswappen zeigt zwei schräg gekreuzte, goldene Abtstäbe auf rotem Hintergrund, auf die eine silberne Kielfeder aufgelegt ist. Die Abtstäbe stehen symbolisch für das ehemalige Doppelkloster Benediktbeuern, ein Männer- und ein Frauenkloster. Die Feder soll an die einst bedeutende Buchmalerei- und Schreibstube des Stifts erinnern.