Brauchtum und Kultur
Im bayerischen Oberland ist noch eine große Anzahl traditioneller Bräuche lebendig. Es gibt jedoch regionale Unterschiede bei ihrer Durchführung. Nachfolgend wird nur eine kleine Auswahl der zahlreichen, in Benediktbeuern noch präsenten Bräuche vorgestellt:
Zwischen Neujahr und dem Fest der Hl. Drei Könige am 6. Januar gehen Kinder und Jugendliche, meist Ministranten, als Hl. Drei Könige gekleidet von Haus zu Haus. Diese Sternsinger tragen ein Gebet vor oder singen ein Lied, sammeln Spenden für das Kindermissionswerk und schreiben mit geweihter Kreide die traditionelle Segensbitte C+M+B mit der jeweiligen Jahreszahl an die Türbalken. Offiziell wird diese Abkürzung mit den Worten „Christus mansionem benedicat“, also „Christus segne diese Haus“ interpretiert. Im Volksmund deutet man dies als Kürzel für die Namen der Hl. Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar.
Die närrische Zeit mit gut besuchten Faschingsbällen erfreut sich in Benediktbeuern großer Beliebtheit. Am Faschingsdienstag startet gegen 13.30 Uhr am Bahnhof der große Maschkerazug zum Dorfplatz. Die Fußgruppen und Wagen nehmen vor allem regionale Themen aufs Korn. Angeführt wird der Zug von den dunkel gekleideten „Haberer“ mit geschwärzten Gesichtern. Zur Freude der Zuhörer verliest ihr Anführer auf einem Balkon am Dorfplatz beim sog. Haberfeldtreiben Missgeschicke, die einzelnen Gemeindebürgern im Laufe des vergangenen Jahres passiert sind.
Am Dienstag nach dem Pfingstfest wird die Dorfstraße zum Marktplatz. Der Pfingstmarkt hat seinen historischen Ursprung in der Verehrung der Hl. Anastasia. In früheren Jahrhunderten kamen am Pfingstdienstag Gläubige aus mehreren Pfarreien der Umgebung nach Benediktbeuern, um die Reliquien der Heiligen zu ehren. Daraus entwickelte sich die Tradition dieses Markttages.
Die Fronleichnamsprozession in Benediktbeuern gilt als die älteste Bayerns. Das Fest der Verehrung des Leibes Christi, bei dem man das Allerheiligste in Gestalt einer Hostie durch die Straßen geleitet, wurde 1264 offiziell angeordnet. Bereits neun Jahre später fand in Benediktbeuern die erste Prozession statt. Nach dem feierlichen Gottesdienst um 8.00 Uhr in der Basilika begleiten die Gläubigen in ihren festlichen Trachten die vom Pfarrer getragene und von Antlaßschützen bewachte Monstranz durch den geschmückten Ort. An vier Altären verweilt die Prozession zum Gebet. Am darauf folgenden Sonntag findet eine zweite Fronleichnamsprozession statt.
Die Benediktbeurer Leonhardifahrt ist eine der bedeutendsten Wallfahrten zu Ehren des Hl. Leonhard. An dem Sonntag, der dem 6. November, also dem Namenstag des Schutzpatrons der landwirtschaftlichen Tiere am nächsten liegt, fahren um 9.00 Uhr etwa 50 meist vierspännige Pferdegespanne umrahmt von Reitern von der Dorfstraße in den Innenhof des Klosters. Die knapp 230 Pferde und die zahlreichen Wallfahrer erhalten dort den Segen. Anschließend wird um 10.00 Uhr in der Basilika ein feierlicher Wallfahrtsgottesdienst zelebriert. Die Rückfahrt der festlich geschmückten Wagen erfolgt über den Ortsteil Pechlern zum Dorfplatz. Neben den Frauen in traditionellen Trachten nehmen mehrere Motivwagen sowie Schützenkompanien und Musikkapellen teil. Den Abschluss bildet das Goaßlschnalzen, also das althergebrachte Peitschenknallen der Fuhrleute. Feierlicher Ausklang des Festtages ist der Leonharditanz im Gasthof zur Post.
Am 2. Adventsonntag findet in der Dorfstraße entlang liebevoll dekorierter Häuser der Altbayerische Christkindlmarkt – einer der schönsten des Oberlands – statt. Für einen Tag verwandelt sich die Ortsmitte in ein Weihnachtsparadies, in dem es nach Glühwein und Zimt, Lebkuchen und Bratwürsten duftet. Mehrere tausend Menschen aus Nah und Fern besuchen den Markt, um an den ca. 70 traditionellen Holzständen etwas Besonderes, Handgefertigtes zu erwerben – von Filzpantoffeln, Christbaumschmuck, Kripperl, über Weihnachtsplätzchen bis hin zu selbst gemachter Marmelade. Die lebende Krippe am Pfarrhof ist vor allem für Kinder ein Anziehungspunkt. In der Marienkirche am Dorfplatz trägt die Pfarrkrippe mit ihren teilweise über 200 Jahre alten Figuren und Häusern zur vorweihnachtlichen Stimmung bei.
Kultur und Brauchtum vermitteln auch mehrere Vereine und Einrichtungen. So widmet sich der Gebirgstrachtenerhaltungsverein Barmstoana seit mehr als 100 Jahren der Erhaltung unserer Gebirgstracht und der örtlichen Traditionen. Vor allem der Jugendarbeit kommt eine wichtige Bedeutung zu, was u. a. in den Heimatabenden deutlich wird. Die große Anzahl an jungen Trachtlern lässt hoffen, dass die Vereinsphilosophie „Treu dem guten alten Brauch“ auch die nächsten Generationen erreicht.
Die Antlaß- und Gebirgsschützenkompanie Benediktbeuern - Ried blickt auf eine 500-jährige Geschichte zurück. Ihre Aufgaben haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. Stand früher die Landesverteidigung an oberster Stelle, so spielen heute die Ehrenbegleitung der Fronleichnamsprozession, die Erhaltung der ortsüblichen Montur, Schießwettbewerbe sowie das Ausrücken zu kirchlichen Festen und Staatsempfängen im Vordergrund.
Kultur im Klosterbereich
Neben dem Zentrum für Umwelt und Kultur, das ein umfassendes Jahresprogramm in den Bereichen Musik, Literatur und Theater anbietet, haben sich zwei weitere Einrichtungen im Maierhof des Klosters den Themen Kultur und Brauchtum verschrieben:
Das Forum Heimat und Kultur im Kloster Benediktbeuern möchte der Bezirk Oberbayern mit Ausstellungen und Veranstaltungen zum Themenkreis „Kultur – Heimat – Gedächtnis“ bespielen.
Das Zentrum für Trachtengewand des Bezirks Oberbayern ging aus einer jahrelangen Forschungs- und Sammeltätigkeit zur oberbayerischen Bekleidungskultur hervor. Das breite Spektrum an Aktivitäten umfasst Veranstaltungen, Beratung von Privatleuten und Institutionen, Kurse, Erweiterung und Pflege der Sammlung, Forschung und Veröffentlichung von Dokumentationen.
Geöffnet: Do 09.00 - 16.00 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. 08857 88833
Artikel "Tracht ist mehr als nur Dirndl und Lederhose"
Kultur wird im gesamten Klosterareal groß geschrieben, und das schon seit Jahrhunderten. Im Zuge der Säkularisation von 1803 fand man in der Klosterbibliothek mit der Handschrift der Carmina Burana die umfassendste Sammlung mittelalterlicher Vagantenlieder aus dem 13. Jahrhundert. Entstanden sind die Schriften vermutlich in Südtirol. Die Originalschriften befinden sich heute in der Bayerischen Staatsbibliothek. Weltruhm erlangte die Carmina Burana durch die Vertonung von Carl Orff aus den Jahren 1935-36, die auch schon mehrfach im Maierhof aufgeführt wurde.
Regelmäßige Ausstellungen von Gemälden, Kunsthandwerk und Skulpturen im Kreuzgang des Klosters bereichern das kulturelle Leben Benediktbeuerns.
Konzerte wie die Orgelmusik in der Basilika, Musik im Pfaffenwinkel, Konzerte der örtlichen Musikkapelle sowie weitere musikalische Ereignisse wie die sommerlichen Open Airs von Klassik bis Rock im Maierhof runden das vielfältige Angebot ab.